Deutschland/Italien 2014
Dokumentarfilm

Kinostart
3. September 2015

I want to see the manager

Ein Film von Hannes Lang

Seitdem die Menschheit das Konzept des Eigentums kennt, ist sie gespalten in jene, die haben, und jene, die nicht haben. Über lange Zeit hinweg manifestierte sich dieses Prinzip in der Unterscheidung zwischen „Industriestaaten“ und „Entwicklungsländern“ und nie hätte man geglaubt, dass dieses vermeintliche Gleichgewicht auszuhebeln wäre. Nun jedoch ist die Ordnung ins Wanken geraten: Die „erste Welt“ kränkelt. Was für uns in den westlichen Industrieländern nach dem Ende des ökonomischen Wachstums aussieht, nach einer andauernden Krise ungewissen Ausgangs, eröffnet in anderen Teilen der Welt ungeahnte Möglichkeiten des wirtschaftlichen Aufstiegs. I WANT TO SEE THE MANAGER bildet diesen gegenwärtigen Prozess ab, indem er seinen Fokus auf den Wandel innerhalb der geopolitischen Machtaufteilung legt. Der Film betrachtet Fragmente einer Weltordnung, die durch die Globalisierung miteinander verbunden sind und ermöglicht so die Übersetzung eines theoretischen Themas in plastische, greifbare Szenarien. Dabei versteht der Film die Welten, die er einander gegenüber stellt, nicht als zwei entgegengesetzte Pole, sondern als unterschiedliche Entwicklungsstufen ein und desselben Systems. An sieben global verorteten Schauplätzen geht I WANT TO SEE THE MANAGER folgenden konkreten Fragen nach: Wieso lohnt es sich für einen indischen Broker in Mumbai nicht mehr, in die Märkte der westlichen Staaten zu investieren? Welche Hoffnungen werden durch Lithiumfunde in Bolivien erweckt? Warum muss man in Peking erst bei einer Lotterie gewinnen, um sich von seinem eigenen Geld ein Auto kaufen zu dürfen? Welche Sehnsucht steckt hinter den Bemühungen von US-Amerikanischen Wissenschaftlern, die menschliche Biologie zu überwinden und den Körper technisch zu perfektionieren? Wie sieht es in Europa aus – was passiert mit den Ruinen der ehemaligen Hochkultur? Weshalb verbringen immer mehr europäische Alzheimer-Patienten ihren Lebensabend in Thailand? Und wieso beherbergt der höchste Wolkenkratzer Venezuelas in Caracas Hausbesetzer statt Manager? Mit einem sezierenden Blick auf beispielhafte Geschichten untersucht der Film den Gegensatz zwischen dem universellen Bedürfnis des Menschen nach Stabilität und Sicherheit und der real vorherrschenden Brüchigkeit in den Systemen unserer Gegenwart. Durch die unterschiedlichen Perspektiven entwirft der Film einen panoramaartigen Blick, der sich mit jeder Episode stetig erweitert. So ermöglicht I WANT TO SEE THE MANAGER eine neue und umfassende filmische Auseinandersetzung mit den großen geopolitischen Veränderungen unserer Zeit und ihren Auswirkungen auf den Einzelnen.

KOMMENTAR DER AUTOREN

I WANT TO SEE THE MANAGER ist ein Film über die sogenannte Komplexität der Welt. Mumbai, Uyuni, Peking, Detroit, Pompeji, Chiang Mai und Caracas – Wie hängen diese Orte zusammen? Was lässt sich durch ein kombiniertes Erfahren dieser Orte darstellen? Kann ein Film die ganze Welt erzählen? Und welche Erkenntnisse soll ein solches Vorhaben generieren?
Die These, die diesem Film zugrunde liegt, ist nicht unbekannt und dennoch provoziert sie. Unsere „Krise“ ist zum Dauerzustand geworden. In vielerlei Hinsicht stößt die westliche, früh-industrialisierte Welt an ihre Grenzen. Gerade noch hatten wir Vollbeschäftigung, Wachstum und Wirtschaftswunder – Jetzt stehen wir mit dem Rücken zur Wand. Wie konnte das passieren? Und welchen Schatten wirft dies auf unsere Zukunft?
Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass es Wohlstand und Fortschritt nicht gleichzeitig für alle geben kann. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu existieren, nach dem es einem Teil der Menschen schlecht gehen muss, damit die anderen ihr Leben in vollen Zügen genießen können. Wenn einer profitiert, wird woanders jemand ausgebeutet. Fortschritt und Zerstörung bedingen einander; sie haben den gleichen Ursprung. Krise, Aufschwung, Rezession, Erneuerung, Stillstand, Reform, Ende, Anfang, Aus.
In der Auseinandersetzung mit unserer „Dauerkrise“ hilft uns diese zeitliche Versetztheit und das antizyklische Moment in der Beziehung zwischen Armut und Reichtum. Wir brauchen keine Geschichtsbücher zu wälzen, denn wir können zur gleichen Zeit Entwicklungsstufen ein und desselben Systems an verschiedenen Orten dieser Welt beobachten. Deshalb begreift I WANT TO SEE THE MANAGER seine Schauplätze als aufeinander verweisende Stationen des menschlichen Überlebenskampfes. Jeder von ihnen enthält bereits Fragmente und Umrisse des anderen. So werden Gemeinsamkeiten sichtbar, die im Fremden das Vertraute erkennen lassen.

Dieses Vertraute kann man auch als Universalität bezeichnen. Denn auch wenn I WANT TO SEE THE MANAGER sehr spezifischen, partikularen Situationen nachgeht, zeigt er, dass trotz aller Unterschiede und über die verschiedenen Kulturen hinweg die Menschen dieselben Hoffnungen, Wünsche und Ängste teilen.
Diese Verbundenheit ist es, die der Film in sieben Episoden darstellt: Indien ist ein Land mit Wachstumspotential. Hier findet der Prolog statt, der den Weg für den weiteren Verlauf des
Filmes bereitet: Die Macht der „Schwellenländer“ steigt; die ehemals großen Industrienationen verlieren an Einfluss. Das geopolitische Gleichgewicht ist ins Wanken geraten.
In Bolivien dann lernen wir eine Nation kennen, der das große Wachstum noch bevorsteht. Durch den Fund von Lithium – dem Erdöl der Zukunft – besteht begründete Hoffnung auf Reichtum und Wohlstand. Wovon träumen die Menschen jetzt, da sich endlich alles zum Guten wenden könnte? Wie gehen sie mit den verheißungsvollen Ressourcen um? Und können wir am unteren Ende der Entwicklungsspirale diesen Hoffnungen trauen? Wie erstrebenswert ist es eigentlich, ein „Global Player“ zu werden?
Das Wachstum Chinas hingegen ist so explosionsartig gestiegen, dass jetzt der Infarkt droht. Als Symbol für diese Überdehnung zeigt die dritte Episode des Films wie dem gesteigerten Wohlstand, der sich am wachsenden Absatz von Autos zeigt, Einhalt geboten werden muss, weil die vorhandenen Infrastrukturen schlichtweg überlastet sind.
Die vierte Episode beschreibt die Suche nach einer Lösung, die in Science Fiction eskaliert. In den USA ist es möglich, sich nach seinem Tod einfrieren zu lassen, um später, wenn die Situation sich wieder beruhigt hat und der computergenerierte utopische Zustand erreicht wurde, endlich ein glückliches Leben zu führen. Diese Art von Exodus beschreibt wie untrübbar menschliche Hoffnung sein kann und welche Auswüchse der Glaube an ein besseres, durch technischen Fortschritt perfektioniertes Leben annehmen kann.
Wie es ums alte Europa bestellt ist, erfahren wir in der fünften Episode. Als „kultureller Themenpark“ abgeschrieben, scheint es noch nicht einmal dieser Funktion noch gerecht werden zu können. Die geschichtsträchtigen Ruinen von Pompeji zerfallen und mit ihnen jegliches (Selbst-)Vertrauen. Was ist überhaupt noch da vom einst so glorreichen Europa? Welche Wichtigkeit hat es in einer globalisierten Welt?
In der sechsten Episode wird ein zukunftsträchtiges Modell vorgestellt: Der nordeuropäische Sozialstaat ist am Ende, die Pflege der Alten und Kranken muss aufgrund des zu hohen Kostenaufwands outgesourct werden. Ist dies ein moralisches Problem, oder muss man diesen Umstand ganz pragmatisch hinnehmen, wenn es um die Aufrechterhaltung von wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit geht? Und welche Auswirkungen hat es auf die Arbeitswelt in Thailand, wenn man sich in Nord-Europa die Pflege nicht mehr leisten kann?
Der Film endet in Caracas, in der größten Bauruine der Hauptstadt Venezuelas. Eigentlich sollte hier eine Bank einziehen, doch das Finanzsystem ist kollabiert, das Hochhaus wurde nie fertiggestellt. Heute ist der Wolkenkratzer besetzt. Die Episode hat trotz ihrer erschreckenden Ausgangslage – dem Eingeständnis des absoluten Scheiterns des Kapitalismus – doch einen hoffnungsvollen Unterton. Wie kann der Mensch Herr seiner Lage werden und die Zügel seines Lebens wieder selbst in die Hand nehmen?
I WANT TO SEE THE MANAGER ist ein Film, der sich weigert, das Diktat der Kompliziertheit anzuerkennen. Den Manager wird man wohl nie zu Gesicht bekommen, weil es ihn nicht gibt. Was es aber auch nicht gibt, ist ein überkompliziertes Chaos, aus dem sich kein Sinn stiften lässt
Mareike Wegener, Hannes Lang

Kino-Spielplan

BerlinAcudab 17.09.2015
BerlinFilmrausch Moabit10.09.-23.09.2015
BerlinHackesche Höfe Kinoab 03.09.2015
Berlinfskab 03.09.2015
Berlinfsk01.09.201520.00 Uhr Premiere
BochumEndstation04.09.+05.09., 11.09.+12.09.2015
DortmundSweetsixteenab 03.09.2015
DresdenKino im Dachab 03.09.2015
DüsseldorfMetropolab 08.09.2015
DüsseldorfMetropol31.08.19.00 Uhr Preview mit Regisseur
EssenFilmstudio20.09.-22.09.2015
FrankfurtMal Seh'n Kino10.09. - 15.09.2015
Hamburg3001ab 03.09.2015am 3.9. um 19.00 Uhr Regisseur zu Gast
HannoverKino im Künstlerhausab 03.09.2015
KielKino in der Pumpe07.09.-09.09.2015
KölnFilmpaletteab 03.09.2015
KölnOdeon30.08.201516.30 Premiere
LeipzigSchaubühneab 03.09.2015
MagdeburgMoritzhofab 03.09.2015
MünchenMonopolab 03.09.2015
MünchenMonopol02.09.201519.00 Uhr Mitt-Doks-Reihe in Anwesenheit des Regisseurs
NürnbergCasablanca24.09.2015
NürnbergFilmhausab 03.09.2015
SaarbrückenFilmhausab 03.09.2015
SeefeldBreitwandab 24.09.2015
SoestSchlachthof Kino15.11.20153. NRW Kinotag
WürzburgCentral Programmkino03.-07.09.2015

Crew

Regie
Hannes Lang

Buch
Mareike Wegener

Kamera
Thilo Schmidt

Montage
Stefan Stabenow

Ton
Peter Rösner, Achim Fell (Bolivien und Venezuela)

2. Kamera
Johannes Klais

Aufnahmeleitung
Manuela Wilpernig

Steadicam-Operator
Thilo Schmidt

Produzent
Hannes Lang

Ausführende Produzentin
Mareike Wegener

Koproduzenten
Valerio B. Moser,
Andreas Pichler

Redaktion ZDF / Arte
Kathrin Brinkmann

Herstellungsleitung ZDF / Arte
Christian Schwalbe

Produktionsassistenz
Julia Meyer

Herstellungsleitung
Anne Lessnick

Produktionsberatung
Paul Müller

Postproduktions-Supervisor
Niko Remus

gefördert durch
Film- und Medienstiftung NRW, Business Location Südtirol, Amt für Kultur Bozen, Deutscher Filmförderfonds

Entwicklung gefördert von
Gerd-Ruge-Projektstipendium, A 38 Produktionsstipendium, Amt für Kultur Bozen

Kinostart 3. September 2015
FSK0
Runtime93 Min.

DVD nicht verfügbar.

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